Prostituierte, Hure, Sexworker: Eine kleine Begriffsdefinition
Im täglichen Sprachgebrauch, im Netz und in der Literatur existieren zahlreiche unterschiedliche Bezeichnungen für sexuelle Dienstleister*innen. Du wirst garantiert auch schonmal von „den Nutten“ gesprochen oder eine Escort für ein paar schöne Stunden kontaktiert haben. Aber weißt du auch, was eine Hetäre ist und was diese genau von einer Muse unterscheidet? Ist Hure überhaupt noch ein zeitgemäßer Begriff für eine Prostituierte – oder solltest du lieber von einer Sexworkerin sprechen? Wir haben uns für dich in die Tiefen der deutschen Sprache begeben und gängige, außergewöhnliche und solche Begriffe, die du besser nicht mehr verwenden solltest, für dich übersichtlich und kompakt zusammengetragen.
Prostituierte
Über Prostituierte wird zumeist im offiziellen, behördlichen Kontext gesprochen. Der Begriff taucht beispielsweise im „Prostitutionsgesetz“, der „Prostitutionsgewerbeverordnung“ oder in den Nachrichten auf, wenn von „Prostitutionstourismus“ die Rede ist. Der Begriff Prostitution wurde im 18. Jahrhundert aus dem Französischen entlehnt, ist aber im Ursprung noch viel älter. Das lateinische „prostituere“ lässt sich mit „zur Schau stellen“ oder „preisgeben“ übersetzen – und zeigt, dass das „älteste Gewerbe der Welt“ tatsächlich schon den alten Römern bekannt war. Belege für das Anbieten sexueller Leistungen gegen Entgelt finden sich bei den Phöniziern in Tyros oder den Babyloniern, hier als sogenannte „Tempelprostitution“. Ohne spirituellen Hintergrund trieben es die Griechen und Römer mit Prostituierten. Wenn dich die geschichtlichen Hintergründe in Sachen Prostitution interessieren, empfehlen wir dir einen Besuch der Ausgrabungsstätte von Pompeji. Hier kannst du das Lupanar, ein archäologisches und für Besucher zugänglich gemachtes Bordell, besichtigen.
Der Begriff Prostituierte ist neutral, nicht abwertend und kann auch im professionellen Umfeld verwendet werden.
Escort
Der Begriff Escort stammt aus dem französischen Militär-Vokabular des 16. Jahrhunderts und bezeichnete ursprünglich “eine bewaffnete Wache”. Später wurde der Begriff auf “Sicherheit auf Reisen oder einem Ausflug” erweitert. In den 1930er Jahren trat dann die Transformation zur Bedeutung “Eine Person, die eine andere zu einem gesellschaftlichen Anlass begleitet” auf. Die Verwendung von Escort als Begriff für eine Person, die (auch) sexuelle Dienstleistungen im Rahmen der Begleitung anbietet, ist auf die späten 1970er Jahre zurückdatierbar.
Der Begriff Escort ist wertungsfrei und wird im aktuellen Sprachgebrauch zumeist für hochpreisige Begleitdamen verwendet.
Hure
Hure ist ein aus dem indogermanischen stammender Begriff für Prostituierte, der seit dem 8. Jahrhundert im Deutschen belegt ist. Der Begriff Hure stammt vom indogermanischen kāro- ab, was „lieb“ oder „begehrt“ bedeutet. Über das althochdeutsche „huora“ und das mittelhochdeutsche „huore“ entwickelte sich das Wort „Hure“ als Bezeichnung für eine Frau, die sexuelle Handlungen gegen Entgelt vornimmt. Übrigens: „Huor“ wurde im althochdeutschen Sprachgebrauch nicht nur für Prostitution, sondern für außerehelichen Geschlechtsverkehr im allgemeinen gebraucht. Heute wird der Begriff Hure zumeist salopp abwertend, häufig auch diskriminierend verwendet. Sicherlich kennst du auch die Betitelung von Frauen als Hure, die außerehelich oder recht wahllos mit Männern verkehren. Von einigen Prostituierten wird Hure auch als Eigenbezeichnung für ihren Job verwendet.
Der Begriff Hure wird im deutschen Sprachraum vornehmlich abwertend und diskriminierend benutzt. Du solltest von einer Verwendung des Begriffes absehen.
Nutte
Die Bezeichnung „Nutte“ stammt ausnahmsweise mal nicht aus dem Mittelalter, sondern wird auf das Berlinerische des ausgehenden 19.Jahrhunderts datiert. Über die genaue Entstehung des Begriffes sind sich Sprachforscher bis heute nicht einig. Eine gängige Erklärung für die Entstehung des Wortes ist die vulgäre Ableitung von „Nut“ für „Spalt“ oder „Ritze“ als Synonym für die Vulva. Der deutsche Sprachforscher Friedrich Kluge zog auch eine Übertragung von „Nuss“ in Betracht. In der Jägersprache wird mit „Nuss“ das Geschlechtsteil weiblicher Säugetiere bezeichnet. Eine weitere Möglichkeit ist eine Übertragung aus der sogenannten Gaunersprache, dem Rotwelsch. Hier bezeichnet eine „Nidda“ eine menstruierende Frau. Aus mehreren Kriminalprozessberichten des späten 19. Jahrhunderts lässt sich herauslesen, dass „Nutte“ zunächst für junge Prostituierte mit kindlichem Aussehen verwendet wurde und erst später für Prostituierte allgemeine Verwendung fand.
Der Begriff Nutte wird unabhängig vom Kontext ausschließlich vulgär-abwertend benutzt. Du solltest das Wort nicht verwenden.
Hetäre
Ein vergleichsweise unbekannter Begriff für Prostituierte ist Hetäre. Die Hetären (altgriechisch hetairai, „Gefährtinnen“) waren hoch gebildete, weibliche Prostituierte, die gewerbsmäßig Musik betrieben. Hetären waren gesellschaftlich anerkannt, anders als die pornai, die gewöhnlichen Huren des antiken Griechenlands. In der Gesellschaft war es nicht verpönt, Umgang mit Hetären zu haben. Im Gegenteil: Die in Kunst. Literatur und Kultur gebildeten Hetären galten als willkommene Ergänzung zu den zumeist nur im Haushalt tätigen Ehefrauen. Es ist dennoch kaum bis gar nicht möglich, eine klare Trennlinie zwischen Hetärentum und gewöhnlicher Prostitution zu ziehen.
Der Begriff Hetäre ist im deutschen Sprachraum nicht negativ konnotiert – und auch nicht weit verbreitet. Du kannst das Wort verwenden, musst aber mit Rückfragen zur Bedeutung rechnen.
Dirne
Im modernen deutschen Sprachgebrauch wird der Begriff „Dirne“ gleichbedeutend mit Prostituierte verwendet. Im Althochdeutschen war der Begriff noch eine allgemeine Bezeichnung für Mädchen – und ist dies in einigen nord- und süddeutschen Regionen auch heute noch. Etymologisch wird „Dirne“ auf das urgermanische þewernōn für „Unfreie“ oder „Dienerin“ zurückgeführt. Im Mittelalter entstanden mehrere, simultan verwendete Wortbedeutungen für Dirne. Jungfrau oder unverheiratete, junge Frau auf der einen Seite, Magd, Dienerin und Leibeigene auf der anderen. Seit dem 13. Jahrhundert wird der Begriff auch in Zusammenhang mit sexueller Verfügbarkeit eingesetzt, spätestens ab dem 15. Jahrhundert erscheint „Dirne“ im Kontext der erwerbsmäßigen Prostitution. Heute wird „Dirne“ im Standarddeutsch nur noch für Prostituierte genutzt, auch wenn das Wort mittlerweile als veraltet gilt und durch andere Begriffe weitestgehend verdrängt wurde.
Der Begriff Dirne gilt als veraltet. Du kannst ihn zwar verwenden, solltest dann aber dein Vokabular mit weiteren, knorken Schnurrpfeifereien ergänzen. Sonst wirkst du leicht wie aus der Zeit gefallen.
Metze
So gut wie ausgestorben im alltäglichen Sprachgebrauch ist der Begriff „Metze“ – dessen Entstehungsgeschichte ist aber durchaus interessant. Im Mittelalter war Metze zunächst eine unschuldige Kurzform des weit verbreiteten Frauennamens Mechthild. Da dieser Name so beliebt war, wurde er bald als Synonym für junge, unverheiratete Frauen und als Alternative für „Magd“ oder „Haushälterin“ genutzt. Im 15. Jahrhundert ist ein Schwenk in der Bedeutung hin zu „Prostituierte“ erkennbar. Heute wird Metze kaum noch in der Alltagssprache verwendet und wenn, dann ausschließlich als anderer Begriff für Hure.
Der Begriff Metze ist veraltet, außer dir wird das Wort kaum noch jemand kennen. Wie Dirne oder Hure ist aber auch Metze ein Beispiel dafür, wie junge Frauen in der Geschichte der deutschen Sprache systematisch abgewertet wurden.
Sexworker*in
Am Gendersternchen in der Überschrift erkennst du schnell, dass es sich bei „Sexworker*in“ um einen vergleichsweise modernen Begriff handelt. Geprägt wurde Sexarbeit als Begriff für sexuelle Dienstleistungen in der Sexindustrie in den 1970er Jahren. Die Feministin und Aktivistin Carol Leigh wollte mit ihrer Wortneuschöpfung die mit Prostitution verbundenen, negativen Vorbehalte innerhalb der Gesellschaft abbauen. Und noch mehr: Insbesondere in den USA ging es im ausgehenden 20. Jahrhundert vor allem darum, Prostitution und Prostituierte zu entkriminalisieren. In den USA wird „sex work“ übrigens mittlerweile auch in Gesetzestexten verwendet, in Deutschland fehlt die Etablierung im juristischen Umfeld noch.
Sexworker*in ist die modernste, toleranteste Bezeichnung für das älteste Gewerbe der Welt. Wenn du den Begriff verwendest, zeigst du damit deine Wertschätzung für den Beruf.
Und dann wären da noch …
Die deutsche Sprache ist extrem komplex – und berühmt für ihre zahlreichen Wortneuschöpfungen und Kopplungen. Besonders kreativ geht es im Sprachgebrauch zu, wenn es um Sex geht. So auch bei den zahlreichen Synonymen für Prostituierte. Liebesdienerin, Flitscherl, Horizontale, Bordsteinschwalbe, Freudenmädchen, Kokotte, Flittchen oder Strichmädchen: Wenn es um Bezeichnungen für Prostituierte geht, scheint die Kreativität keine Grenzen zu kennen. Was allerdings auffällt: Ein überwältigend großer Teil der Synonyme ist eindeutig abwertender Natur – und gegen Frauen gerichtet.
Kennst du weitere Synonyme, die wir hier in der Liste noch nicht aufgeführt haben? Dann schreib uns gerne jederzeit eine Nachricht, wir ergänzen den Beitrag gerne mit deinen Vorschlägen!